Ich wähle Cord Mittendorf

Persönliche Stellungnahme anstelle einer Wahlempfehlung

Zusammenfassung:

1.  Landtagswahl ist wichtiger als die Bürgermeister-Wahl.

2. Die Positionierung zur Wahl ist natürlich keine Kritik an den Kandidaten als Personen.

3. Im Rat gibt es ein instabiles Gleichgewicht zwischen CDU und Grünen einerseits und der SPD mit dem Bürgermeister andererseits. Eine Wahl des CDU-Kandidaten würde dieses Gleichgewicht weiter in Richtung CDU verschieben.

4. Die SPD stellt zwar aktuell mit Cord Mittendorf den Bürgermeister, ist aber, ohne ihn, nur die zweitstärkste Fraktion. Bei dieser Form einer ‚Minderheitsregierung‘ gibt es mehr Debatten im Rat, als bei einem CDU-Bürgermeister zu erwarten wären, deswegen würde ich sie gerne beibehalten.

5. Eine der wichtigsten Entscheidungen für die kommenden Monate in Gehrden betrifft den Steinweg 25. Leider ist Malte Losert im Vorfeld der Wahl direkt für die Investoren eingetreten; deswegen ist Cord Mittendorf hier die bessere Wahl.

Langfassung:

Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, mich zur Stichwahl der Bürgermeisters in Gehrden positionieren, aber dann haben die Grünen eine Empfehlung für die Wahl des CDU-Kandidaten abgegeben (Artikel in der HAZ), und aus diesem Anlass will ich begründen, warum ich Cord Mittendorf wählen werde. Dies ist ausdrücklich keine Wahlempfehlung der LINKEN (diese hätte ich auf einer Sitzung meiner Basisorganisation zur Debatte stellen müssen), sondern meine persönliche Meinung.

Ich habe mich die letzten Monate ganz bewusst auf die Landtagswahlen fokussiert; völlig unabhängig von den Machtverhältnissen im Stadtrat, auf die ich gleich eingehen werde, ist der Entscheidungsspielraum der meisten Kommunen in Niedersachsen nämlich durch ihre schlechte Finanzlage eingeschränkt – und dieses Problem lässt sich nur auf Landes- oder Bundesebene angehen.

Außerdem sollte es sich von selbst verstehen, dass meine Positionierung für Cord Mittendorf keine Kritik an Malte Losert als Person ist. Soweit das in der Politik möglich ist, würde ich gerne mit den Politikerinnen und Politikern aller demokratischen Parteien befreundet sein; im Idealfall beziehen sich alle politischen Differenzen nur auf Sachfragen, und es würde keine persönlichen Animositäten geben.

Dass die Grünen eine Empfehlung für den Kandidaten der CDU ausgesprochen haben ist insofern keine Überraschung, als dass sie ich im letzten Jahr gemeinsame Anträge eingebracht haben, z.B. den Antrag für das zweite Wasserspiel in der Fußgängerzone (Ratsinformationssystem). An dieser Stelle sind, für diejenigen, die nicht regelmäßig die Sitzungen verfolgen, die Machtverhältnisse im Rat darzustellen. Die meisten Entscheidungen werden natürlich nicht vom Bürgermeister alleine getroffen, sondern entweder vom (nicht-öffentlich tagenden) Verwaltungsausschuss oder vom Rat.  Die drei wichtigsten Entscheidungsträger sie also die Vorsitzenden der Fraktionen im Rat: Thomas Spieker (CDU), Henning Harter (SPD) und Heinz Strassmann (Grüne).  [Bevor jemand sarkastisch bemerkt, dass es sich hier um drei alte weiße Männer handeln würde – Ratsherr ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. Für nötige Fachwisssen ist der Rat der Stadt auf die hauptamtliche Verwaltung angewiesen, also unter anderem auf Nicole Leubert (Bau und Umwelt) und Nurettin Demirel (Stadtkämmerer). Deren Wissen wird selbstverständlich respektiert.]  

Die Meinung des Bürgermeisters hat sicherlich ein größeres Gewicht als die eines einfachen Ratsmitgliedes, aber ist er auf die Unterstützung von zwei der drei großen Fraktionen angewiesen. Weil der Bürgermeister selbst im Rat stimmberechtigt ist, hat die SPD-Fraktion 9 statt 8 Sitze. Die CDU hat 9 Sitze, die Grünen haben 6 Sitze. Für die Mehrheit im Rat sind 15 Stimmen erforderlich.  Kontroverse Entscheidungen werden da mit ziemlicher Sicherheit im Vorfeld abgesprochen – die Debatte im Rat ist dann nur noch die Zusammenfassung dessen, was bereits vorher intern abgeklärt wurde. Die Vertreter der kleinen Parteien – also Ratsherren wie ich – werden nur in seltenen Fällen vorher gefragt.

Auch auf die Machtverhältnisse im Verwaltungsausschuss (VA) lässt sich an dieser Stelle kurz eingehen: Die Zahl der Mitglieder des VA wurde auf der konstituierenden Sitzung des Rates am 3.11. 2021 auf 8 erhöht (Ratsinformationssystem). Die SPD hat dort also 4 Stimmen (3 + die des Bürgermeister), die CDU 3 und die Grünen haben 2. Ich bin dort, für meine Ratsgruppe mit Stephan Fromm, Abgeordneten mit beratender Stimme. (Wer es selbst nachrechnen will: §75 NKomVG).

CDU und Grüne haben also im VA und im Rat bereits eine knappe Mehrheit, und wenn die CDU den Bürgermeister stellen würde, dann wäre diese Mehrheit etwas deutlicher. Allerdings können SPD und Grüne gemeinsam auch die CDU überstimmen – wenn sie wollten. Als Vertreter einer kleinen Partei im Rat habe ich durchaus ein Interesse an einem solchen instabilen Gleichgewicht, weil dann die Wahrscheinlichkeit steigt, dass meine Stimme doch einmal ausschlaggebend sein kann. Dies ist aber, denke ich auch, im Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit, weil so die Wahrscheinlichkeit, dass politische Entscheidungen öffentlich debattiert werden, höher ist. Man kann Politikern nicht verbieten, ihr Abstimmungsverhalten vorher in nicht-öffentlichen Sitzungen zu koordinieren, das wäre bei der Komplexität bestimmter Entscheidungen auch nicht sinnvoll. Man kann sie aber durch komplizierte Mehrheitsverhältnisse dazu zwingen, solche Entscheidungen ausführlicher zu diskutieren.   

Außerdem bin ich der SPD in Gehrden wahrscheinlich inhaltlich näher als den Grünen. Parteien werden oft in einem Links-Rechts-Spektrum abgebildet, also von Links nach Rechts z.B: Linke-Grüne-SPD-CDU-FDP, aber dies hängt ganz von der Entscheidung ab, die zur Debatte steht. Eine zentrale Aufgabe der Kommunen ist die Entscheidung über neue Baugebiete, und wie sich in der Debatte über das Gewerbegebiet Gehrden-Ost gezeigt hat, sind die Grünen in diesem Bereich konservativer als die SPD. Konservativ bedeutet an dieser Stelle nur, dass man den bestehenden Zustand beibehalten will, progressiv bedeutet entsprechend, dass man die nötigen neuen Gewerbegebiete ausweist. Ein Argument für das Gewerbegebiet war, dass man dort mit dem Ökostrom grünen Wasserstoff erzeugen wollte; für die Energiewende brauchen wir jedenfalls auch neue Gewerbeflächen.

Die Schwierigkeit bei dem Gewerbegebiet Gehrden-Ost war natürlich, dass bei den verschiedenen Anforderungen von Regiobus nicht mehr genug Platz für die bereits ansässigen Gewerbetreibenden gewesen wäre. Das war aber ein „lösbares Problem“, wie ich in der Debatte in der Ratssitzung betont habe (Bericht der HAZ). Man hätte nur entsprechend mehr Gewerbeflächen ausweisen müssen, dann wäre sowohl für die Erweiterung der örtlichen Gewerbebetriebe als auch für Regiobus genug Fläche verfügbar gewesen.  

Dies ist eine Kritik an der Position von CDU und Grünen, nicht unbedingt eine Kritik an Malte Losert.  Die Debatte um Regiobus ist ja inzwischen auch bereits zwei Jahre her. Wir können allerding in den nächsten Monaten eine erneute Debatte zum Steinweg 25 erwarten. Malte Losert wäre dafür als Bürgermeister wohl kaum geeignet;  Stephan Fromm formuliert dies in seiner Stellungnahme zur Stichwahl (Artikel bei Con-nect) als rhetorische Frage: „Soll er [Malte Losert] sich für das Objekt Steinweg 25 einsetzen, dass von einem persönlichen Freund und dem CDU-Landtagskandidaten Gerold Papsch als wirtschaftliche Akteure erworben wurde?“

Ich habe die Debatten zum Steinweg 25 auf diesem Blog ausführlich kommentiert. Mir ist immer noch nicht klar, wieso Gerold Papsch und Reuven Kirchner nicht von Anfang an sich selbst in der Öffentlichkeit als neue Eigentümer präsentiert hatten, sondern dies bis Mitte August hinausgezögert haben (Bericht der HAZ); unter anderen Umständen wäre es sicherlich sinnvoll gewesen, jemanden wie Malte Losert damit zu beauftragen, sie in der Öffentlichkeit zu vertreten – aber natürlich nicht, wenn dieser gerade als Bürgermeister kandidiert.  Überhaupt verstehe ich nicht, wieso man mit dem zum Erwerb der Immobilie nicht bis nach den Bürgermeister-Wahlen gewartet hat. Ich würde nicht so weit gehen wie Stephan Fromm, der die Situation mit dem Steinweg 25 als einen „Affront gegenüber dem Gehrdener Rat“ bezeichnet hat, aber ich denke schon, dass Malte Losert hier einen Fehler gemacht hat. Dieser Fehler ist nicht so schwerwiegend, dass man nicht in einem halben Jahr darüber hinwegsehen könnte – aber die Wahlen sind ja nun mal jetzt!

Wegen der Machtverhältnisse im Rat der Stadt Gehrden hätte Cord Mittendorf auch so meine Stimme gegeben; die Debatte um die Ansiedlung von Regiobus war dafür ausschlaggebend. Auch wenn Cord Mittendorf und der SPD-Fraktion in diesem Zusammenhang sicherlich bessere Arbeit hätten leisten können, so haben CDU und Grüne doch damals klar gemacht, dass mit ihnen die Debatte um die weitere Stadtentwicklung deutlich schwieriger werden wird. Der Steinweg 25 kommt noch dazu; auch hier denke ich, dass Cord Mittendorf die erkennbar bessere Wahl ist, um die Entscheidung darüber im Rat zu leiten.

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