Ergänzungen zum Thema S-Bahn

Zu meinem Eintrag mit der ersten Fassung eines Vorschlags für den Ausbau des Schienennetzes im Westen von Hannover und den anderen Blogeinträgen habe ich noch einige Ergänzungen. Der konkrete Anlass, diesen Vorschlag jetzt zu machen, war die Ankündigung des Ausbaus der ICE-Trasse Hannover-Bielefeld gewesen, die für den Deutschland-Takt des ICE-Netzes erforderlich ist. In diesem Zusammenhang lässt sich etwas klarstellen. Mein Antrag für einen S-Bahn-Anschluss für Gehrden ist als ‚visionär‘ bezeichnet worden; dies war negativ gemeint, im Sinne von ‚unrealistisch‘. Wenn man sich die Debatte über den Deutschlandtank anschaut, dann stellt man fest, dass der der Vorstandvorsitzende der DB AG, Richard Lutz, den Deutschland-Takt selbst nicht als ‚visionär‘ bezeichnet, sondern, in dieser Doku des ZDF-Magazins Zoom, als „langfristige Perspektive“. Diese langfristige Perspektive ist zwar nicht absolut notwendig, um ein Hochgeschwindkeitsnetz aufzubauen, aber doch sehr hilfreich; denn schließlich muss man sich darüber einig sein, welches Ziel mit den Planungen dafür verfolgt werden soll.   Schienennetze müssen geplant werden, genauso wie das Straßennetz. Die Meinung bestimmter Vertreter des Neoliberalismus, für die jegliche Form von Planung bereits ‚Sozialismus‘ ist, ist einer der Gründe, warum es jetzt großen Nachholbedarf bei den Investitionen gibt. Ohne die Planung von Infrastruktur geht es auch im Kapitalismus nicht.

Wie die Doku darstellt, hat das mit den Planungen eines Hochgeschwindigkeitsnetzes in Spanien geklappt, und, wie man hinzusagen sollte, in Frankreich, Italien, Japan und China ebenfalls. Wieso sollte es in Deutschland nicht auch funktionieren? Ebenfalls hinzufügen sollte man den Sinn hinter einem solchen Hochgeschwindigkeitsnetz. Wenn die Zugverbindung zwischen zwei Großstädten so gut ist, dass man in 4 Stunden von Zentrum der einen Stadt zum Zentrum der nächsten Stadt kommt, dann ist man mit dem Zug schneller als mit einem Flugzeug (neben der reinen Flugzeit muss man ja noch die Fahrt zum und vom Flughafen und die Zeit für den Check-In mit einrechnen).  Da man aber nicht alle Großstädte in Deutschland durch Direktverbindungen miteinander vernetzen kann, braucht man dafür einen Deutschland-Takt, bei dem die Umsteigezeit nur einige Minuten beträgt. Wenn man dies erfolgt umsetzen kann, sollten dadurch fast alle Kurzstreckenflüge innerhalb Deutschlands überflüssig werden, und man erreicht eine klare Reduzierung des CO2-Ausstoss.

Allgemeines zum Thema S-Bahn

Der Fokus dieses Blogeintrags liegt natürlich nicht auf dem Hochgeschwindigkeitsnetz. Wenn man nicht gerade in der Situation ist, dass eine ICE-Neubaustrecke im eigenen Landkreis geplant wird, handelt es sich dabei um ein bundespolitisches Thema, bei dem es schwierig ist, sich, als einfacher Kommunalpolitiker, einzubringen. Bei der Planung des S-Bahn-Netzes in der Region Hannover ist das anders. Der sog. ÖPNV (öffentliche Personennahverkehr) gehört zu zentralen Themen der Kommunalpolitik auf der Ebene der Landkreise, bzw. der Region Hannover.

In einem Ballungsgebiet wie der Region Hannover hat eine S-Bahn dabei die Aufgabe, die Pendler aus den Vororten zu ihren Arbeitsplätzen in der Großstadt zu bringen.  Dieses Video eines Youtubers erklärt die Notwendigkeit einer S-Bahn (neben einer U-Bahn) in der Metropole Paris folgendermaßen:

“Paris is famous for its incredibly dense Metro network with small trains and incredibly short distances between stations, however as one might imagine this became quite a hindrance as the network grew in both passenger numbers and size. Not only did the small trains tend to get slammed by incredibly high passenger loads but, the short distances between stations meant going more than a short distance ended up taking ages.

In addition, with growing suburbs and increasing numbers of commuters coming into Paris on regional rail lines and further congesting the Metro, a solution was needed. And so from this came the iconic RER [Réseau express régional d’Île-de-France, Wikipedia]. RER as a project was the enhancement and connection of existing commuter rail lines which previously terminated on the edges of Paris via brand new tunnels through the core of the city. These new tunnels featured only a few large widely spaced stations, allowing suburban commuters to quickly get deep into the heart of the city, while providing significant capacity with incredibly large trains and advanced signalling bringing the capacity needed for both suburban commuters and urban dwellers to utilize the new express services. The RER has been immensely successful for Paris becoming a long haul network in its own right […]”

Für eine Metropole wie Paris reicht ein gut ausgebautes U-Bahn-Netz nicht. Eine U-Bahn ist nämlich auf die Bedürfnisse der Pendler innerhalb der Stadt selbst ausgerichtet – und nicht auf die Bedürfnisse der Pendler, die aus den Vororten in die Stadt fahren. In dem Video geht es nämlich eigentlich um Crossrail in London, welches, so die Meinung des Youtubers, klar vom Pariser RER inspiriert ist: „ […] consider Crossrail, a new branched high capacity express urban rail line designed to link two important national rail lines […] via a central tunnel with utilizes advanced signalling systems, while also relieving an overburdened convention Metro system […]”

Crossrail wird zwar auf der berühmten Tube Map als Elizabeth Line mit eingezeichnet, ist aber keine U-Bahn, wie dieser Youtuber ausführlich beschreibt (kürzeres Video mit einem Überblick). Stattdessen handelt sich um eine S-Bahn-Linie quer durch die Stadt, die durch einen Tunnel geführt wird. Ähnlich ist auch das S-Bahn-Netz in zwei deutschen Metropolen aufgebaut, nämlich in Hamburg und München. In München gibt es die Stammstrecke, die dort den Hauptbahnhof mit dem Ostbahnhof verbindet, und der City-Tunnel in Hamburg, der dort den Hauptbahnhof mit Hamburg-Altona verbindet. Die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München, die parallel zur ersten Stammstrecke verläuft, aber unterirdisch nur am Hauptbahnhof, Ostbahnhof und einer neuen Station ‚Marienhof‘ hält, wird bereits gebaut. Die neuen Bahnsteige im Hauptbahnhof München liegen 41 Meter tief. Die Neugestaltung des München Hauptbahnhofs wird etwa 10 Jahre dauern und über 1 Milliarde Euro kosten. In Hamburg gibt es den City-Tunnel zwischen Hamburg-Hauptbahnhof und Hamburg-Altona, und den Tunnel der Harburger S-Bahn (Wikipedia).  Während in München die zweite S-Bahn-Strecke bereits im Bau ist, diskutiert man auch in Hamburg über den Bau eines zweiten City Tunnel. 

Netzstruktur der S-Bahn

Das S-Bahn-Netz entlang einer zentralen Tunnel-Achse zu planen (wie in München oder London), bzw. mit mehreren, sich kreuzenden Tunnelstrecken (wie in Hamburg oder Paris) ist aber nicht unbedingt die optimale Variante. Ein zentrales Element der S-Bahn-Netze von Berlin (Wikipedia) und Wien (Wikipedia) sind die Ringstrecken, die es in Paris und London nicht gibt (in London gibt es natürlich der Circle-Line bei der U-Bahn). Solche Ringstrecken ergeben Sinn:  Die Arbeitsplätze der Pendler sind nicht alle im Stadtkern, sondern über das ganze Ballungsgebiet verteilt. Wenn man innerhalb des S-Bahn-Netzes für eine Fahrt durch die Stadt nur an einigen wenigen Bahnhöfen umsteigen kann, sind diese zur Rush Hour überlastet. Natürlich baut man auch in Berlin einen 2. S-Bahn-Tunnel (siehe dieses kitschige Image-Video der DB), aber anders als in München (Wikipedia) läuft nicht der ganze S-Bahn-Verkehr in Berlin durch eine einzige Tunnelstrecke. Aber auch in München ist wahrscheinlich der Bau einer Ringbahn, oder zumindest einer tangentialen S-Bahn-Strecke als Teil davon, in der Diskussion.  In meinem Blogeintrag Downs-Thomson-Paradox und Netzstruktur hatte ich auch einen Professor für Raumentwicklung aus München zitiert (ich meine es war Alain Thierstein), der für München tangentiale S-Bahn-Strecken oder eine Ringlinie fordert. Leider wurde das Video, in dem er das sagt, zwischenzeitlich auf Youtube gelöscht.

Mein Blogeintrag mit den Vorschlags für den Ausbau des Schienennetzes im Westen von Hannover enthält daher insbesondere den Vorschlag die Schienenstrecke Letter-Bornum für die S-Bahn auszubauen (3 neue Station, ca. 7 km Ausbaustrecke). Da diese Strecke Teil der Güterumgehungsbahn Hannover (Wikipedia) ist, heißt dies wahrscheinlich, dass man diese Strecke 4-gleisig ausbauen muss, damit sich Schienengüterverkehr (SGV) und ‚Schienenpersonalnahverkehr‘ (SPNV) nicht in die Quere kommen. Als erster Schritt ließe sich zumindest eine S-Bahn-Station Am Soltekampe, neben der bestehenden Stadtbahnhaltestelle errichten.  Die zusätzlichen Züge würden nicht bis zum Hauptbahnhof fahren, sondern zu dieser neuen S-Bahn-Station. Die Pendler zu den Arbeitsplätzen in Hannover müssten entweder dort in die Linie 9 der Stadtbahn umsteigen, oder an einer Umsteigestation in die andere S-Bahn-Linie Richtung Hauptbahnhof. Man müsste also auch einen Umsteigebahnhof planen, der fürdas Umsteigen zwischen zwei S-Bahnen gedacht ist. Dafür würde sich wohl am besten der Standort des bisherigen Bahnübergangs Nenndorfer Straße anbieten. Zu der Planung derartiger Umsteigebahnhöfe in den Metropolen gibt es entsprechende Videos. Die S-Bahn-Station München-Laim ist z.B. als Verknüpfungs- und Umsteigebahnhof konzipiert. Dieses Video der DB beschreibt das so: „[…]  die neue Station hat insgesamt breitere Bahnsteige und bekommen zwei Gleise stadteinwärts und zwei Gleise stadtauswärts. Man kann dann bahnsteiggleich zwischen beiden Stammstrecken hin- und herwechseln.“ Ähnlich für den S-Bahnhof Yorkstraße in Berlin.  Die Einfädelung der geplanten Strecke für die künftige S-Bahn-Linie 21 in die bestehende Anhalter Bahn an dieser Stelle ist nicht ganz trivial. „Wir bauen hier dann einen neuen vier-gleisigen Bahnhof mit zwei neuen Bahnsteigen.“ Aber das sind Bahnhöfe an den Hauptachsen der S-Bahn in Metropolen. Ich denke nicht, dass man für einen Umsteigebahnhof in der Region Hannover zwei Mittelbahnsteige braucht – aber eine Anlage wie in Weetzen, mit einem Mittelbahnsteig und einem weiteren Außenbahnsteig wäre sicherlich erforderlich. Es wäre sehr sinnvoll, die Vorplanungen dazu vorzunehmen, bevor man den über den Bau einen Eisenbahnüberführung diskutiert, um den bisherigen Bahnübergang Nenndorfer Straße zu ersetzen. Ansonsten könnte das gleiche Problem auftreten, wie mit der S-Bahn-Station in Ahrensburg bei Hamburg. Dessen geplanter Abriss und Neubau wird in einem Bericht des ZDF Länderspiegel als „Hammer der Woche“ und „Verschwendung von Steuergeld“ beschrieben. Was hier offenbar nicht verstanden wurde, ist die Notwendigkeit, einen Umsteigebahnhof zu haben, wenn man den Hauptbahnhof Hamburg entlasten will. Für die S-Bahn Linie 4 wird die Strecke zwischen Hamburg-Hauptbahnhof und Ahrensburg nämlich 4-gleisig ausgebaut (4 neue Stationen, ca. 21 km). Details dazu in diesem Video des NDR. Wenn man nämlich mit einem Regionalzug zur Arbeit nach Hamburg fährt, und z.B. in der Nähe der neuen S-Bahn-Station Holstenhofweg arbeitet, dann muss der Regionalzug im letzten Vorort vor Hamburg auf der Strecke so halten, dass man dort in die S-Bahn umsteigen kann. Mit einem Mittelbahnsteig dauert geht das Umsteigen schnell, und man kann sowohl den Regionalzug als auch die S-Bahn dort 2 Minuten halten lassen. Mit Außenbahnsteigen müsste man beide Züge dort 5 Minuten halten lassen – und das geht sicherlich nicht. Das meint die Deutsch Bahn wohl, wenn sie dem NDR schreibt, dass ihre Variante „für die Taktung der Verkehr optimal“ ist, hätte sie aber deutlicher erklären müssen.

Die prognostizierten Kosten für den 4-gleisigen Ausbau der Strecke für die S4 in Hamburg betragen im Übrigen 1,85 Milliarden €. In einem Video von 2018 ist stattdessen von Kosten von ca. 1 Milliarde € die Rede und das Projekt wird noch umfangreicher beschrieben. Da ich kein Ingenieur bin, kann ich nicht ohne weiteres sagen, wie viel ein Ausbau des Schienennetzes im Westen von Hannover kosten würde – ich kann aber die Kosten für ähnliche Projekte in anderen Großstädten vergleichen. Kosten in diesem Rahmen sind durchaus gerechtfertigt. Der erste Bürgermeister Hamburgs (vergleichbar mit den Ministerpräsidenten anderer Bundesländer) beschreibt ein anderes Projekt dort, den Bau der U5 als „ein Projekt für die nächsten 100- 200 Jahre. Das kriegen wir hin, das brauchen wir und das macht unsere Stadt in der Zukunft deutlich attraktiver.“ Wenn man die Kosten eines U-Bahn oder S-Bahn-Projekts über 30 Jahren abschreiben würde, dann rechnet sich das wahrscheinlich nicht. Wenn man sie über 100-200 Jahre abschreibt, und auch noch Vermeidung der externen Kosten des Autoverkehrs in die Kalkulation des gesellschaftlichen Nutzens miteinbezieht, dann rechnet sich das auf jeden Fall. Von welchem Zeitrahmen man ausgehen will, ist aber vorrangig eine politische Entscheidung – und keine ökomische.

Die langfristige Perspektive für die S-Bahn-Hannover

Natürlich ist eine Großstadt wie Hannover (gut 500.000 Einwohner in der Stadt, nochmal weiteren 500.000 Einwohnern im Ballungsraum) nicht mit den genannten Metropolen (über 1 Millionen Einwohner) vergleichbar. Das S-Bahn-Netz in Berlin ist schon sehr gut ausgebaut, wird aber auch sehr intensiv genutzt. Dieses Video des RBB beschreibt, wie in einer Station (Berlin-Karlshorst) alle 10 Minuten eine S-Bahn hält, aber dies immer noch nicht ausreichend ist, weil diese S-Bahn zur Hauptverkehrszeit voll ist wie vor einem Fußballspiel. So extrem ist die Belastung des ÖPNV in Hannover wahrscheinlich nicht. Ein S-Bahn-Takt von 10 Minuten zur Hauptverkehrszeit, und ansonsten von 20 Minuten, sollte für die Vororte von Großstädten wie Hamburg und Hannover sicherlich reichen.  Das heißt jedoch nicht, dass man den Ausbau des S-Bahn-Netzes weiterhin so langsam betreiben kann, wie es derzeit der Fall ist. Selbst im Vergleichsweise dünn besiedelten Saarland steht der Ausbau des S-Bahn-Netzes auf der politischen Agenda, wie in diesem Video des Saarländischen Rundfunks zu entnehmen ist.

In Hannover haben wir ein erkennbares Problem mit den Staus zur Hauptverkehrszeit. Dieses Problem lässt sich nicht durch den Ausbau des Straßennetzes lösen (Downs-Thompson-Paradox), sondern nur durch den Ausbau des ÖPNV. Man könnte sicherlich durch bessere Buslinien, mit eigenen Busspuren an den Ampeln, die Situation etwas verbessern, aber eine deutliche Verbesserung ist nur dann zu erreichen, wenn man den Pendlern eine Verbindung mit S-Bahn und Stadtbahn zu ihrer Arbeitsstätte bietet, bei der sie genauso schnell sind wie mit dem Auto.

Einige Ausbauprojekte sind bereits in der Diskussion. In den Folien der sog. ‚Bewertung der Schienenwegeausbauvorhaben des Potenziellen Bedarfs‘ (PDF), die das Bundesverkehrsministerium 2018 veröffentlich hat (Pressemitteilung), gibt es eine Folie für den ‚Knoten Hannover‘, S. 32. Dort wird unter anderem ein zusätzliches Gleis 15/16 am Hauptbahnhof, und ein Ausbau im Bereich Lindener Hafen (sic: „Hannover-Linden Hafen“) und Empelde gefordert. Damit sind wahrscheinlich Maßnahmen wie der Ausbau der Bornumer Verbindungskurve zwischen Soltekampe und Empelde und der Bau von Überführungen für die Nenndorfer Straße und die Ronnenberger Straße gemeint, aber ich denke, es ist angebracht, in diesem Zusammenhang den Bau einer Umsteigestation in der Nenndorfer Straße und eine S-Bahn-Station Am Soltekampe vorzuschlagen, damit sich die Taktfrequenz der S-Bahn zwischen Barsinghausen bzw. Springe und Hannover verdoppelt lässt. Das ist, meiner Meinung nach, die beste Möglichkeit, die Staus in Hannover zur Hauptverkehrszeit zu reduzieren.  Das Schienennetz für die S-Bahn in der Stadt Hannover muss so gut ausgebaut werden, dass man zur Hauptverkehrszeit allen größeren Vororten (wie Springe oder Barsinghausen) einen 10-Minuten-Takt bieten kann. In Anbetracht der begrenzten Kapazitäten des Hauptbahnhofs (und der Tatsache, dass viele Pendler gar nicht zum Hauptbahnhof müssen) geht dies sicherlich am besten über Tangentialverbindungen, und dafür bietet sich der beschriebene Ausbau der Güterumgehungsbahn zwischen Letter und Bornum an. Damit alleine ließe sich der 10-Minuten-Takt aber nur für den Südwesten der Region Hannover realisieren. Abhängig von den Kapazitäten des Hauptbahnhofs (und den beschränkten Optionen, diese Kapazitäten zu erweitern) wären dafür mindeste eine weitere Tangentialverbindung oder sogar eine S-Bahn-Ringstrecke erforderlich. 

Kurze Ergänzung zum Thema Schienengüterverkehr (SGNV)

Selbst wenn man das Schienennetz nicht für die S-Bahn ausbauen wollte, so wären doch größere Investitionen erforderlich, weil diese über Jahrzehnte unterblieben sind. Das krasseste Beispiel, was dieser Youtuber für das „Kaputtsparen“ der Deutschen Bahn verwendet, hat Hartmut Mehdorn zu verantworten. Er habe die Bahn „in seiner Zeit bis 2009 für den Traum vom Börsengang kaputtgespart. Sein wahrscheinlich übelster Streich: Er lässt einen großen Teil der Weichen im Schienennetz entfernen, weil diese im Unterhalt viel Geld kosten. Viele heutige Verspätungen sind auf die damaligen Fehlentscheidungen zurückzuführen. Weichen und Nebengleise fehlen, um ein flexibles Bahnnetz zu gewährleisten. Störungen können ohne Nebengleise und entsprechende Weichen nicht umfahren werden und insbesondere in den Ballungsräumen stauen sich Züge und damit auch Verspätungen.“

Es gibt noch weitere Beispiele: So beträgt die durchschnittliche Lebensdauer der von der Deutschen Bahn unterhaltenen Eisenbahnbrücken 122 Jahre, weil nicht systematisch in ihre Instandhaltung oder Neubau investiert wird. Das, und die fehlenden Kapazitäten, führt natürlich zu Engpässen, die sich im Schienengüterverkehr noch stärker bemerkbar machen als beim Personenverkehr.  Hier ist ein Video des ZDF mit dem Beispiel einer Zugverspätung eines Güterzuges bei Köln: Ob das in Hannover auch so schlimm ist, kann ich nicht genau sagen, aber einige Informationen sind dem Eintrag im Bundesverkehrswegeplan für den Ausbau der Strecke Hameln-Braunschweig-Madgeburg zu entnehmen. Dieser beschreibt das Problem so: „Das hohe Aufkommen an Zügen des schnellen Schienenpersonenfernverkehrs, des Schienengüterverkehrs und des langsameren Schienenpersonennahverkehrs führt zu einer Überlastung der Streckenabschnitte Minden – Wunstorf und Lehrte – Groß Gleidingen, sowie zu Engpässen im Knoten Hannover.“

Wenn man diese Engpässe im Schienennetz beseitigen würde, dann ließen sich den Logistik-Unternehmen auch flexiblere Angebote machen, und man könnte Güterverkehr, das bislang mit LKWs abgewickelt wird, auf die Schiene verlagern. Eine Anmerkung in diesem Eintrag sagt dies ausdrücklich: Es „ist zu berücksichtigen, dass es durch Realisierung des Projektes im Planfall zu höheren Kapazitäten und damit zu Mehrverkehr kommt (z.B. durch Verkehrsverlagerungen auf die Schiene). “ Aber trotz eines berechneten Kosten-Nutzen-Verhältnis von ziemlich genau 1,0 wurde eine weitergehende, sog. „raumordnerische Analyse […] aufgrund der geringen Wirtschaftlichkeit nicht durchgeführt.“ Als planerische Entscheidung lässt sich das nicht nachvollziehen – man kann es nur als politische Entscheidung verstehen, das Schienennetz nicht auszubauen. Das Problem liegt nicht bei der Bahn, sondern beim Bundesverkehrsministerium.

Es kann sein, dass sich das inzwischen geändert hat, und dass jetzt, als ein Erfolg von Greta Thunberg und den Fridays for Future, die Bereitschaft da ist, das Schienennetz für den Güterverkehr auszubauen. Auch dies ist Bestandteil der Verkehrswende. Zu der Frage, woran es eigentlich scheitert, mehr Güter auf die Schiene zu bekommen, lässt eine Doku das Magazins Panorama den Vertreter einer Spedition aus Hamburg zu Wort kommen, der sich insbesondere mehr Flexibilität beim Schienengüterverkehr wünscht: „Ich muss aber, wenn ich [Container mit der] Bahn fahren [lassen] will, jetzt [2020] schon für 2021, eigentlich schon für 2022, meine Trassen bestellen. Das sind Zustände, die funktionieren nicht.“ Liegt das Problem also darin, dass die Deutsche Bahn ein bürokratisches Monstrum ist, welches nicht flexibel auf die Wünsche ihrer Logistik-Kunden eingehen kann? Ich will zwar nicht ausschließen, dass das auch ein Problem ist – aber wie bei den Recherchen zu einer Verbesserung des S-Bahn-Netzes in der Region Hannover klar wurde, sind die Schienenstrecken, die auch für den Güterverkehr genutzt werden, schlichtweg überlastet. Wenn im Bundesverkehrsministerium inzwischen die Bereitschaft da ist, Geld in den Ausbau des Schienennetzes für den Güterverkehr zu investieren, dann sollte man dies, bei der Beseitigung von Engpässen wie bei dem Knoten Hannover, mit den Ausbau des Schienennetzes für die S-Bahn kombinieren.

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