Thema Stadtentwicklung
Am letzten Mittwoch war Ratssitzung mit drei wichtigen Tagesordnungspunkten. Das übergreifende Thema war die Frage der Stadteinwicklung. Eigentlich wäre für mich ja mein Antrag für einen Schienenetzanschluss für Gehrden der wichtigste gewesen, aber nachdem sich dann im letzten Monate die Debatte um den neuen Betriebshof von Regiobus rasant entwickelt hat, ist dies das wichtigste Thema. (Der dritte wichtige Punkt war die Strabs; dazu gab es aber nur eine Informationsvorlage, keine Diskussion.)
In beiden Fällen geht es (indirekt) um die Frage, wie weit, und unter welchen Bedingungen, die Stadt Gehrden in die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen expandieren sollte. In der Form der Texte, die ich für die Debatte zu den beiden Punkt geschrieben habe, verfüge ich nun als Vertreter der LINKEN im Rat der Stadt Gehrden über eine ausführlich begründete Position dazu. Die Region Hannover braucht dringend mehr Wohnraum. Für das (kleine) neue Wohngebiet in Lenthe gab es fast 30x so viele Interessenten wie Grundstücke (Bericht der Calenberger Zeitung). Die Region Hannover braucht auch mehr Gewerbeflächen (Bericht dazu von Con-nect). Dank der Beschäftigung mit dem Thema in den letzten Monaten habe ich nun eine begründete Position, unter welchen Bedingungen ich größeren neuen Wohn- oder Gewerbeflächen in Gehrden zustimmen würden. Im Osten von Gehrden wenn die Region Hannover sich bereit erklärt, eine neue Kreisstraße als Ostumgehung zu bauen, im Norden von Gehrden, wenn es gelingt, die Zusage für einen S-Bahn-Anschluss zu bekommen, und klar ist, wo die S-Bahn-Strecke verlaufen würde.
Ich suche weiterhin nach Beispielen für den Neubau einer Schienenstrecke im Umland einer Großstadt in Deutschland. Ein Beispiel wären die Forderung nach neuen S-Bahn-Strecken bei Berlin (Video von RBB auf Youtube), oder die Reaktivierung der Bahnstrecke von Stuttgart nach Calw (Video vom SWR auf Youtube). Da auf in den Tunneln der zu reaktivierenden Bahnstrecke bei Stuttgart nämlich Fledermäuse nisten, lässt dort die Landesregierung einen neuen Tunnel bauen, in dieser Hinsicht ist es also ein Neubau. Da stellt sich für mich die Frage, ob es wohl möglich sein könnte, eine Stellungnahme der niedersächsischen Landesregierung zu einem Ausbau des Schienennetzes zu erhalten. Dem Ergebnis der Debatte vorgestern im Stadtrat zu Folge wird das die nächsten Jahre sicherlich nichts werden.
Wenn das irgendwann mal klappen sollte, denke ich, ist klar, dass man der Region Hannover als Gegenleistung für die Unterstützung für einen S-Bahn-Anschluss, auch bieten müsste, neue Wohn- und Gewerbeflächen auszuweisen. Falls Gehrden bislang einen gewissen kleinstädtischen Charme bewahrt haben sollte, würde dieser dann verschwinden und Gehrden wäre nur ein typischer Vorort und Gewerbestandort in der Region Hannover – aber wenn das mit dem S-Bahn-Anschluss klappen könnte, käme man dafür deutlich schneller ins Zentrum der Großstadt.
Dies ist der einzige inhaltliche Grund, denn ich bei CDU und Grünen für die Ablehnung der Ansiedlung von Regiobus sehe. Denn der Konflikt mit den Anliegern um die begrenzten Gewerbeflächen wäre ja lösbar gewesen, wenn man einfach als Stadt Gehrden noch weitere Gewerbeflächen schafft (das war ein wesentlicher Teil meines Vorschlags dazu.) Wenn man aber nur noch sehr begrenzt Gewerbeflächen in Gehrden schaffen will, dann ist entweder Platz für Regiobus oder die Erweiterung der bestehenden Gewerbebetriebe. Der von mir vorgeschlagene Kompromiss würde dann von CDU und Grünen abgelehnt werden, weil sie gar nicht so viele neue Gewerbeflächen wollen (was sie aber nicht explizit gesagt habe).
Der andere mögliche Grund, den ich sehe, warum CDU und Grüne ihren Antrag, die Ansiedlung von Regiobus abzulehnen, auf der Sitzung durchgedrückt haben, ist, dass sie dies nicht als Sachfrage, sondern als Machtkampf wahrgenommen haben. Erstmal Forderungen an Regiobus und die Region Hannover zu stellen hätte nur etwas Zeit gekostet – wenn sie auf diese Forderungen nicht eingegangen wären, dann hätte man die Ansiedlung von Regiobus im Dezember immer noch ablehnen können. Allerdings ist Regiobus mit seinen Planungen sehr ungeschickt vorgegangen. Anstatt direkt das Gespräch mit der Politik zu suchen, als klar wurde, dass sie 70.000 m² brauchen, und nicht die zuerst angedachten ca. 35.000 m², hat Regiobus in einem Gespräch mit den Gewerbetreibenden in Gehrden-Ost diese vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Gewerbetreibenden fühlten sich, zu Recht, überrumpelt, und haben ihrerseits die Kommunalpolitiker kontaktiert, welche sich, nicht zu Unrecht, übergangen fühlten. Denn auch wenn die Verwaltung und der Bürgermeister einer Gemeinde ein solches Projekt unterstützen, so braucht man immer noch eine Ratsmehrheit für den Beschluss des Bebauungsplans, und da in den meisten Gemeinden die Partei des Bürgermeisters bei der Wahl keine 51% holt, muss man solche Projekte auch mit den Fraktionsvorsitzenden der anderen großen Parteien (in Gehrden: CDU und Grüne) besprechen. Das Regiobus dies offenbar nicht gemacht hat, ist allerdings kein zulässiger Grund dafür, dass sich CDU und Grüne dann der Suche nach einem Kompromiss verweigert haben. Meinen Vorschlag für einen Kompromiss finden sie hier.
Anliegend eine schriftliche Fassung meiner Redeentwürfe zu den beiden Tagesordnungspunkten. Die Reden selbst habe ich, wie fast immer, frei gehalten.
Rede zu Tagesordnungspunkt Ö12: Mein Antrag zu einem Schienennetzanschluss
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Antrag und dessen schriftlicher Begründung liegt ihnen in digitaler Form vor. (Ausführlich habe ich die Argumente für einen S-Bahn-Anschluss für Gehrden in einem eigenen Artikel dargestellt.) Ich will mich an dieser Stelle kurzfassen und konzentriere mich auf einen Punkt, der in der Debatte um VBG im Fokus stand. Was dort nicht geteilt wurde, war die langfristige Perspektive des Antrags. Natürlich würde es 30 Jahre dauern, bis ein solches Projekt mal gebaut werden würde. Aber gerade deswegen sollte man jetzt mit der politischen Debatte dazu anfangen. Vor 40 Jahren hatte die Gemeinde Gehrden ca. viertausend Einwohner weniger; wenn wir in 40 Jahren viertausend Einwohner mehr haben, dann wäre ein S-Bahn-Anschluss sehr empfehlenswert, ansonsten kommt es morgens und nachmittags auf dem Weg nach und von Hannover zu mehr Stau.
Dies ist die langfristige Perspektive. Auch mittelfristig müsste man sich aber bereits zu diesem Zeitpunkt darum kümmern. Die Strecke für einen Schienenanschluss würde sicherlich irgendwo im Norden von Gehrden verlaufen. Wenn man dort in 10 oder 15 Jahren Gewerbeflächen ausweisen will, sollte man wissen, wo genau sie verlaufen würde, damit man diese Strecke in der Planung freihalten kann. Auch wenn CDU und Grüne sich, wie anhand der Debatte von um Regiobus zu erkennen ist, ein solche größeres Gewerbegebiet gar nicht vorstellen können, könnten sie das in 10 Jahren ja durchaus anders sehen. Dann sollten entsprechende Planungen bei der Region vorhanden sein. Dies betrifft auch das Gewerbegebiet ‚An der Wisch‘. Je nachdem, wo die S-Bahn-Station genau gebaut würde, würde sich an dieser Stelle eher Wohngebiet anbieten.
Den Antrag jetzt zu stellen ergibt Sinn, weil dieses Jahr noch der Nahverkehrsplan 2020 endgültig beschlossen wird. Den nächsten Nahverkehrsplan gibt es dann wohl erst 2025. 5 Jahre zu warten wäre etwas zu lang.
Rede zu Tagesordnungspunkt Ö14: Einstellungen der Planungen für Regiobus
Sehr geehrte Damen und Herren,
Dass der vorliegende Antrag von CDU und Grünen jetzt erfolgt – und nicht erst zur nächsten Ratssitzung, bringt mich in einige Schwierigkeiten. Eigentlich wollte ich an dieser Stelle auf die verschiedenen ‚Kommunikationspannen‘ und ‚Informationsdefizite‘ nicht weiter eingehen, aber die Aussage meiner Vorredner, dass der Runde Tisch keinen Sinn ergeben hätte, erfordert einen Kommentar. Das Fehlen eines neuen Angebots von Regiobus ist kein Anlass, daran nicht teilzunehmen – dann stellt man halt seinerseits Forderungen, die erfüllt sein müssten, bevor man der Ansiedlung von Regiobus zustimmen kann. Ich wäre so vorgegangen, aber mich hat man ja nicht eingeladen.
Mit dem Vorhaben von Regiobus gibt es zwar einige Probleme, aber ich erachte diese Probleme für lösbar. Mein Lösungsvorschlag liegt einigen von ihnen buchstäblich auf dem Tisch.
Das erste Problem ist der Interessenkonflikt zwischen Regiobus und den Gewerbetreibenden in Gehrden-Ost, welche auch Flächen für ihre schon länger geplante Vergrößerung benötigen. Dieser Konflikt ist aber m.E. lösbar, wenn man bereit ist, eine Fläche Richtung Süden zur Erweiterung des Gewerbegebietes zu nutzen. Die Grünen (und die CDU) würde diese Flächenexpansion der Stadt offenbar vermeiden wollen – aber wie soll das dauerhaft möglich sein? Für die Energiewende brauchen wir nicht nur Windräder und Solardächer, sondern auch zusätzliche Industrie (Elektromobilität, Wasserstoff, Power-to-Gas), diese muss im Ballungsraum Hannover irgendwo gebaut werden.
Das zweite Problem bereits bestehende Engpässe im Straßenverkehr in Gehrden, die durch die zusätzlichen Investitionen sicherlich nicht geringer werden würde. Für das Klinikum sind 160 Millionen € vorgesehen, für Regiobus 60 Millionen €. Verstehen sie mich nicht falsch: Ich will diese Investitionen! Den Beschwerden der Anlieger nach zu urteilen sind jedoch die Straßen am Krankenhaus und im Gewerbegebiet Gehrden-Ost bereits jetzt den Anforderungen nicht gewachsen. Um genaueres zu wissen, brauchen wir ein Verkehrskonzept; darauf einzugehen wäre das Ziel der mittelfristigen Planung der Stadtentwicklung. Anlässlich der Debatte um Regiobus habe ich meine Überlegungen dazu viel eher verschriftlicht, als ich es eigentlich gedacht hatte.
Denn wieso sollte die Stadt Gehrden die zusätzlichen Kosten für die Infrastruktur übernehmen, wenn es sich um Investitionen der Region Hannover handelt? Es ist in dieser Situation durchaus angemessen, von der Region Hannover die zusätzlichen Investitionen für den Bau einer neuen Kreisstraße zu fordern. Angenommen, die Region Hannover würde sich auf diese Forderungen einlassen – wie könnte man das dann als Gehrdener Kommunalpolitiker noch ablehnen?
Nun besteht an dieser Stelle nicht der Raum, meinen Vorschlag ausführlicher darzustellen und Kompromissmöglichkeiten zu diskutieren. Es kommt vielmehr darauf an, überhaupt die Möglichkeit für einen Kompromiss aufrecht zu erhalten. Wir haben im 9. Dezember noch eine Ratssitzung; der Zeitrahmen ist eng, aber es würde reichen, um von Regiobus und ggf. der Region Hannover ein überarbeitetes Konzept zu verlangen, das insbesondere den Interessenkonflikt mit den Gewerbetreibenden vermeidet. Wenn dieses Konzept nicht überzeugt, kann können wir als Stadtrat immer noch sagen: ‚Liebe Regiobus, für einen großen Betriebshof von 70.000 m² ist dieser Standort im Osten von Gehrden doch nicht geeignet, sucht euch doch bitte einen anderen.‘ Der Bürgermeister von Wennigsen hat z.B. eine Fläche an der B217 bei Holtensen vorgeschlagen (Bericht von Con-nect).
Ich hätte es daher vorgezogen, den Antrag von CDU und Grünen zu vertagen. Wenn dieser Antrag jetzt beschlossen wird, dann hat sich die Suche nach einem Kompromiss wahrscheinlich erledigt, und Gehrden hat eine der besten Chancen zur Stadtentwicklung, die man überhaupt bekommen kann, wohl vertan.